Klimaschutz durch Bewirtschaftung wiedervernässter Moore – Geht das?

In der Vergangenheit und auch noch bis heute werden Moore großflächig für Land- und Forstwirtschaft sowie Torfabbau entwässert. Folglich werden die über Jahrtausende gebildeten Torfe belüftet und von Mikroben zersetzt. Dies führt nicht nur zum Verlust der standorttypischen Biodiversität, die entwässerten Moorböden setzen zudem enorme Mengen CO2 und Lachgas frei. Für den Stopp der Freigabe dieser klimaschädlichen Gase ist in großem Umfang eine Wiedervernässung zwingend erforderlich, um die Klimaziele erreichen zu können.

Experten nationaler und internationaler Organisationen rechnen jedoch aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung damit, dass Moorflächen der Landwirtschaft auch in Zukunft zur Verfügung stehen müssen. Nasse Moore können aber nicht auf herkömmliche Weise wirtschaftlich genutzt werden. Wie es gelingen könnte, Moorerhalt, Klimaschutz und Landwirtschaft unter einen Hut zu bringen und was eigentlich aus Mooren gewonnen wird, erklären wir hier. 

Alter Torfstich – Auch im Emsdettener Venn wurde mal Torf abgebaut

Paludikultur

Was sich zunächst nach einer indigenen Völkergruppe anhört, ist eine moderne Art der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung wiedervernässter Moore – die Paludikultur. Hierbei werden mit Pflanzenarten, die einen hohen Wasserstand gut vertragen, Biomasse zur Energiegewinnung oder zur stofflichen Verwendung erzeugt. 

In Niedermooren sind das z.B. Kräuter wie Fieberklee und Baldrian für die medizinische Verwertung. Halmgüter wie Schilf, Seggen, Gehölze (z. B. Schwarzerle) oder Röhrichte und Riede lassen sich sowohl als Bau- und Dämmstoff oder zur Energiegewinnung nutzen. Die gewonnene Biomasse kann als regionaler nachwachsender Rohstoff energetisch zur dezentralen Wärme- und Stromerzeugung genutzt werden. Klingt doch nach einer guten Alternative zu Gas aus Russland oder sonstigen fossilen Energien. 

Sphagnum

In sehr ebenen, abgetorften Hochmooren lassen sich Torfmoose (lat. Sphagnum) kultivieren (nach den besten Arten wird eifrig geforscht) und anstelle des Weißtorfs u.a. in gartenbaulichen Kultursubstraten nutzen. Torf bildet sich extrem langsam, pro Jahr entsteht lediglich 1mm dieser Schicht. Wird der nachgewachsene Torf komplett verbraucht, kann man nur von CO2-Neutralität sprechen.

Weltweit beträgt der Bedarf an Weißtorf jährlich 30 Mio. m³. Die Vorräte in West- und Mitteleuropa sind beinahe erschöpft, sodass Deutschland als derzeit europaweit größter Substratproduzent und -nutzer allein für den Erwerbsgartenbau 1,8 Mio. m³ importiert. Wäre es da nicht sinnvoller, vor der eigenen Haustür zu wirtschaften, wobei man die umwelt- und humanitären Faktoren im Blick hat? 

Wie groß ist nun der Beitrag zum Klimaschutz?

In der Bund-Länder-Zielvereinbarung von 2021 wurde festgelegt, die jährlichen Treibhausgasemissionen aus Moorböden von ca. 53 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten (2019) bis
zum Jahr 2030 um 5 Millionen Tonnen zu senken. Dies klingt eher nach einem Tropfen auf den trockenen Torf. Vor allem wenn man das große Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 im Blick hat, bzw. das Reduktionsziel von 55% bis 2030 (im Vergleich zu 1990). Dennoch ist jeder m², der kein Kohlendioxid mehr emittiert, wichtig. Gepaart mit Schonflächen und Schonzeiten ist eine Sphagnumkultur für die Tier- und Pflanzenwelt wertvoller als noch ein Maisacker zur Futtermittelproduktion. Grundsätzlich sollten wir uns aber überlegen, ob wir dem Nutzungsdruck der Flächen nicht anders begegnen sollten. Ist es überhaupt nötig, Torf oder Torfmoos für den v.a. privaten Gartenbau zu verwenden? Sollten wir nicht generell sparsamer oder anders mit unseren Ressourcen umgehen? (Der Amazonasregenwald, der u.a. für den Anbau von Soja zur Tierfütterung abgeholzt wird, lässt grüßen). 

Wie auch immer Sie über die Paludikultur denken mögen und sich evtl. nun Sorgen um das Emsdettener Venn machen. Hier ist natürlich keine landwirtschaftliche Nutzung im Gespräch, denn das Gebiet steht unter Naturschutz. Generell ist die Paludikultur in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Sie stellt für bestimmte (ehemalige) Moorflächen jedoch eine Möglichkeit dar, sie zu schützen und gleichzeitig eine wirtschaftliche Nutzung mit Klimaschutz zu vereinen. 

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